ARMUT KRANK UND BEHINDERT

Endlich Wahlkampf! CDU freundliche Springerpresse bläst zum Angriff auf Existenzsicherung, Kranke und Behinderte: Hartz IV ist zu hoch, auch Schwerbehinderte brauchen weniger. Eine unfreundliche Replik einer Betroffenen.

In der Diskussion um die Höhe des Hartz VI, mit dem Tenor „deutlich zu wenig“ verschiedener Fachverbände, mischt nun die Boulevardpresse auf. Das Vorzeige-Kampfblatt für Grundrechte-Ficker findet Vorzeige-Hartzer und Schwerbehinderten Sven W., der anderen Hartzern und Schwerbehinderten so richtig seine Meinung geigt. Sven W. wird hier als „Fachmann“ benutzt, seine individuellen Ausführungen sollen modellhaft für Kürzungen sämtlicher Regelsatzbedarfe sein und: sämtliche Krankheiten und Behinderungen benötigen keine Mehrbedarfe. Im Endergebnis ist ein deutlich geringerer Hartz IV Satz ausreichend!

„Er sagt, was viele nicht gerne hören“, titelt die Journaille (konkret Sabine Klistier, pardon Klier). B.Z. ist sich nicht zu blöde, Sven W. als Massgabe für eine künftige Regelsatzberechnung  und Reduzierung aufzustellen. Denn Sven W. kommt mit magischen 260 € mtl. aus. OK, das liegt noch über den 132 €, die, die der große CDU Einkommensheld (5000 € Tagessatz für die Käufersuche einer maroden Landesbank) veranschlagte, liegt aber deutlich niedriger als der jetzige Regelsatz. Da lacht das Herz eines jeden CDU-Kombattanten, der den Hartz-Saftladen nach der Wahl auf Vordermann gebracht haben will. Die Hauptaktionärin Friede Springer ist der Kanzlerin Busenfreundin, man kann die Springer-Blätter (zur Axel Springer AG gehören neben Zeitschriften und Magazinen, die Tageszeitungen: Die Welt, Bild, Welt kompakt, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt und B.Z., sowie die Sonntagszeitungen: Bild am Sonntag, Welt am Sonntag und B.Z. am Sonntag.) getrost als Hauspostillen der CDU bezeichnen, mit dem diese ihren Kurs unters Volk bringen will. Die Merkel-Regierungen sorgen für zunehmende Diskriminierung behinderter und kranker Menschen in Bundesregierung und Behörden. Leider geht das in dem Gewabere, dass hier alles gut ung gerne sei völlig unter.

Wir erfahren, dass Sven W., einstmals Gutverdiener war. Tatsächlich scheint er seine Wohnungseinrichtung aus guten Tagen hinüber gerettet zu haben, denn er besitzt neben Möbeln, keine Strom-fressenden Geräte wie etwas einen alten Kühlschrank (so dass er günstig Großpackungen einfrieren kann), sogar Fernseher und Computer- also etwas, was im Regelsatz nicht enthalten ist. Möglicherweise hat er auch noch einige gute Kleiderstücke die vorhalten und vor allen Dingen halten, was ja billige Kleidung nicht tut, die wird quasi fürs Wegwerfen erzeugt. Sven W. braucht aber auch kaum Kleidung, denn er geht nur selten vor die Türe, ein echter Couch Potato. Bewegungsmangel soll ja besonders gesund sein. So ist es nur angemessen, auch den Minimalansatz für Sport einzusparen. Mit dem Argument, Personen in der Existenzsicherung können zu Hause bleiben, können auch Ausgaben für Bekleidung und Schuhe deutlich reduziert werden. Die BRD begleitet von der B.Z. ist wirklich auf dem Weg zu einem menschenfreundlichen Staatswesen.

Sven W. isst reduziert Fleisch und Gemüse. Obst und Kohlenhydrate benötigt er anscheinend nicht (er kauft aber Chips- die sind billig und haben auch keine Nährwerte, dafür aber Kalorien- aber je weniger Nährwerte in der Nahrung, desto mehr Kalorien verlangt der Körper, so der Merksatz). Einen Teil seiner Nährwerte bezieht er weiterhin aus günstigem polnischem Bier, Flüssignahrung sozusagen. Besonders Hatz-Kindern käme eine solch Verabreichung zu Gute, denn sie würden gleichzeitig ruhig gestellt- mit einem angemessenen Alkoholpegel im Blut.  Es wird weder gesagt, wie hier der teure Eiweissbedarf gedeckt wird, noch welche Fettsäuren konsumiert werden (günstige Fette enthalten oft die gesundheitlich bedenklichen Trans-Fettsäuren).

Liebe Schmieranten und Schmierantinnen bei Springer. es gibt etwas, das nennt sich gesunde Ernährung. Hierzu gibt es auch Leitlinien, etwa die der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Aus dem „Fachartikel“, der hier über Existenzsicherung informieren will, geht nicht hervor, wie es denn um die Nährwerte der Person bestellt ist, die sich von 160 € im Monat inkl. Bier ernährt. Völlig unbekannt scheint dem schwerbehinderten Sven W., der hier meint, für die Gesamtheit der Schwerbehinderten sprechen zu können und dem qualifizierten Pressepersonal zu sein, dass nicht wenige Krankheiten und Behinderungen einen teuren diätischen Aufwand haben. Abgelaufene Frischware, wie sie Sven W. zu sich nimmt, ist kontraindiziert. Zu verweisen ist noch auf aktuelle Gutachten, die bestätigen, dass der Hartz IV Regelsatz für Ernährung, also bei normaler Ausgangssituation ohne Krankheiten, nicht sicherstellt, dass Hunger, Unter- und Fehlernährung vermieden werden kann (Arm, abgehängt, ausgegrenzt- eine Untersuchung zu Mangellagen eines Leben mit Hartz IV, Der Paritätische, 2020) und nicht ausreichend für eine gesunde Ernährung ist (Politik für eine nachhaltigere Ernährung- eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten, Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ermährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 2020). Komisch, in bürgerlichen Kreisen mokiert man sich oft üben den ungesunden Lebensstil der Armen. Finanziell soll aber für eine gesunde Ernährung nichts zugestanden werden. So richtet sich die Regelsatzberechnung nicht nach dem Bedarf, sondern was sich Arme noch leisten können, wovon aber noch etliche Abstriche gemacht werden. In der Psychologie spricht man hier von kognitiver Dissonanz.

An den Fotos ist zu erkennen, dass Sven W. ungesundes Bauchfett, vermutlich auch eine Fettleber hat, eine derartige Person als Beispiel heranzuziehen und wegweisend für Arme Ernährungstipps geben zu lassen, ist geradezu abartig.

Offensichtlich geht es Interviewten, Interviewerin, Chefredakteurin am Arsch vorbei, dass für Sven W.s günstige Lebenshaltungskosten anderswo Mensch, Tiere und Umwelt ausgebeutet werden. Hauptsache billich wahh, höhö?

Auch Inkontinenten gibt Sven W. folgenden Massgabe mit auf den Weg: einmal pro Woche Duschen, sonst Waschlappen! Also sorry, was ist denn das?! Hat doch das BVerfG (Entscheidung vom 09..02.2010 Az. 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) entschieden, dass der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt (Rn 137). Nach der Vorstellung der hier Beteiligten soll das wohl wieder rückgenommen werden.

Da Sven W. eine gut isolierte Wohnung hat, muss er nicht heizen. Sollen künftig die Heizkosten aus den Kosten der Unterkunft (KdU) gestrichen werden, weil Sven W. ja auch nicht heizen muss!?

Achtung Kranke und Behinderte, der Mann ist noch fit genug auf Schnäppchenjagd zu gehen. Die braucht, wer tüchtig sparen will. Sven W. besitzt noch genügend Kraft nach Angeboten zu suchen und bei Sonderangeboten gleich mehrere Packungen nach Hause zu schleppen. Dass dies andere nicht mehr können und hier auch weder sparen noch streichen können, ficht ihn und die Chefredakteurin Miriam Krakeel (Tschuldigung die Frau heißt Krekel, klingt aber verdammt ähnlich, wo doch da heißt: nomen est omen) nicht an.

Der Mann hat wegen seiner Behinderung (COPD) keine weiteren Kosten für Gesundheit im Regelsatz. Klaro, COPD muss hier leitend sein- sollen doch Personen mit systemischen Erkrankungen und multimorbide Personen sehen, wo sie bleiben. Hauptsache das Springer Grundrechte Niveau wird bedient: (auch) Behinderte brauchen weniger Hartz. Hetz, hetz! Man darf gespannt sein, was nach der Wahl seitens der CDU hier erfolgen wird. Der Grundstein ist nun gelegt.

Anscheinend besitzt die „Journalistin“ keinerlei Kenntnis zu der Materie über die sie schreibt, sonst wüsste sie, Stänkern gegen Mehrbedarfe von Schwerbehinderten bringt nicht, denn hier wurde bereits verfassungsrechtlich entschieden, dass der Regelsatz individuell zu berechnen ist.

Entgangen ist ihr auch, dass besonders Fehlsichtige, die Sozialleistungen beziehen, ihre Sehhilfen zum großen Teil selbst bezahlen müssen, hingegen weniger Fehlsichtige diese bekommen. Über diesen Tatbestand der Diskriminierung wäre mal zu berichten gewesen.

Interessant ist, dass der Mann offensichtlich ein Merkmal G im Schwerbehindertenausweis hat , da er den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen kann (H, Bl, Gl kommen nicht infrage, da er weder hilflos, blind, noch gehörlos ist, eine außergewöhnliche Gebehinderung liegt nicht vor, denn sonst könnte er auch mit den öffentlichen nicht mehr weit kommen). Es ist aber nicht die Rede, dass er hiermit schon mal 17% Grundsicherung mehr in der Tasche hat. Obwohl er alle Ausgaben, die ein gehbehinderter Mensch hat, nicht hat,  (z. B. Eigenanteile Gelenkbandagen, Kompressionskleidung und orthopädische Einlagen, besonderes Schuhwerk). Er selbst hat also einen höheren Regelsatz und rät der Gesellschaft, bei anderen Behinderten den Rotstift anzusetzen. Das nenn ich dreist. Die Handlanger in der Springerschen Qualitätspresse waren offenbar so begierig einen Schwerbehinderten, dem Hartz zu hoch ist, zu finden, dass sie ihre journalistische Sorgfaltspflicht verletzten und hier jemand präsentierten, der einen deutlich höheres Einkommen hat und gleichzeitig verlogen genug ist, zu empfehlen, den Regelsatz deutlich zu senken.

Sven W.s große Sorge ist, dass bei so viel Hartz bald keiner mehr arbeitet. Er selbst muss ja nicht mehr malochen. Da muss es ihn auch nicht kratzen, dass ein niedriger Hartz IV Satz auch die Arbeitseinkommen und Renten niedrig hält. Und derart Betroffene für seine Grundsicherung mitschuften.

Der Knaller kommt zum Schluss, vom Ersparten was anschaffen, ratschlagt Sven W.. Wie jetze- ich denke, die Hartzer und Behindis sollen dette, was se nich brauchen ABGEBEN!! Spenden für mehr Cum Ex Betrügereien, höhere Abgeordneten-Diäten, mehr Rüstung, etc.. Offensichtlich möchte Sven W doch noch einen Laminatboden haben. Nach all dem Geseire stösst solcher Luxus übel auf.

Statt sich einzubilden, hier Massgaben für andere Betroffene aufstellen zu können, sollte Sven W einfach, das Hartz IV, was ihm zu viel ist, retournieren. Dergleichen der nicht benötigte Mehrbedarf von aktuell 75,82 € wegen Merkmal G im Schwerbehindertenausweis. Am besten, er gäbe es gleich beim Finanzamt Berlin ab. Die Vermeidung von Steuern von Personen des Springer-Clans reissen arge Löcher in die öffentlichen Kassen.

Ca. 34 € gibt der Mann für Bereitstellung von Internetdiensten für Unterhaltung aus. Diese kann er beim Finanzamt gleich mit abgeben- denn diese Bedarfe sind in den Existenzsicherungsleistungen nicht vorgesehen. Weitere 100 € für Katzen werden von Sven W. ausgegeben. Jemand erkläre dem Mann, dass Tierhaltung im Regelsatz nicht vorgesehen ist. Bei den strengen Masstäben, die Sven W. gerne bei anderen anlegen will, kann er seine 2 Katzen gleich ins Tierheim verfrachten und so weitere 100 € zurückgeben. Nicht anderen vorschreiben, was sie ausgeben dürfen und selber Rosinen picken, Svenie!

Sabine Klistier, Miriam Krakeel und weiteren Hetzer*innen des Hauses Springer sollte mit Art. 1, Art. 2, Art 3. Abs. 3, Art. 20 GG das Maul gestopft werden. Genauso dem nach Streichungen gröhlenden CDU-Mob und seinen Auftraggebern (also alles was Sozialstaat und Grundrecht hasst), wie er erwartbar nach den Wahlen losgelassen wird,  um die geplanten Steuersenkungen und „Investitions“programme für jene zu finanzieren.

Neben der Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht, wird die Menschenwürde missachtet und die Gesamtheit der Behinderten diskriminiert. Daher wurde ein Antrag auf Rüge beim Deutschen Presserat gestellt. Möglicherweise ist der Mann aber auch einfach eine Erfindung, quasi stilistisches Mittel um Merzsche heiße Kürzungsträume des Sozialstaats zu unterfüttern: selbst Hartzern sei das Hartz zu hoch.

Gut ist, dass dies bei anderen von Hartz IV Betroffenen nicht so gut ankam (weitere Behinderte wurden aber wohlweisslich nicht befragt).

Malah Helman

PS
Wieso soll eigentlich nur bei Hartzern und Behinderten gespart werden? Ich bin sicher bei der B.Z. gibt’s auch viel Einspar-Potential, denn sie kann gleich ganz eingespart werden- wie sämtliche Axel-Springer-Medien.

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