Individualklage für ein gerechtes Hartz IV gestartet. Für einen angemessenen Regelsatz, dem erhöhten Bedarf chronisch, systemisch, multisystemisch oder mehrfach Erkrankter und Behinderter, sowie die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Standards.
Worum geht es konkret?
Schon die Regelsatzberechnung ist nicht korrekt, zB wird nicht berechnet, was benötigt wird, sondern was sich Arme gerade noch leisten können. Preise werden nicht real abgebildet. Beispiel ist die Zahnpflege, Zahnärzt*innen empfehlen, alle 3 Monate Bürste wechseln, täglicher Einsatz von Zahnseide und Interdentalbürsten, professsionelle Zahnreinigung. Die DGE empfiehlt min. 5 Portionen Obst und Gemüse täglich. Daneben sollte die Ernährung auch keine Zusatzstoffe erhalten, es soll also selber gekocht werden. Auch Zucker ist in fertigen Lebensmittel in großen Mengen enthalten. Man braucht sich also nicht wundern, wenn Übergewicht und Parodontis Volkskrankheiten sind und Arme auch aus diesen Gründen eine niedrigere Lebenserwartung haben.
Aufgrund einer systemischen Erkrankung liegt ein Mehbedarf (MEB) in fast allen Regelbedarfen vor. In den Klagen werden nicht nur die MEBs beschrieben, sondern auch anhand von Studien dargelegt, dass schon der Regelbedarf nicht hinreichend ist. Im einzelnen:
Nahrungsmittel- eine Ernährung nach DGE Empfehlungen dürfte eher bei 250 € mtl. anzusetzen zu sein. Aufgrund von Gendefekt, multiplen Nahrungsmittel(kreuz)allergien, Histaminintoleranz, empfohlener FODMAP Diät, ergeben sich z. B. ca. 320 €;
Freizeit, Kultur, auch Nachrichtenübermittlung und Bildung- es muss ein PC, Drucker, Scanner oder ein anderes Äquivalent in den Regelbedarf. Diese gehören schon seit einiger Zeit zum Alltag, Energieanbieter und Jobcenter verlangen oder favorisieren eine elektronische Korrespondenz. Spätestens in Pandemiezeiten sollten solche Mittel in einem Haushalt vorhanden sein. Neben Kommunikation, dient das Internet auch zur Information und Bildung. Behinderte Menschen sind wegen des eingeschränkten Beweungsradius auf digitale Kommunikation angewiesen. Außerdem kann die Wahrnehmung von Grundrechten vor Gericht nur mit einer solchen Ausstattung stattfinden (metaphorisch gesprochen gibt es im Moment nicht Stift und Papier, um sich vor Gericht zu vertreten);
Wohnen, Energie, Instandhaltung- heizt man mit Strom, wird dies nicht bezahlt und so nur ein geringer Anteil der Heizkosten trotz günstiger Miete übernommen diese laut Existenzsicherungsrecht übernommen werden müssen, wenn die Gesamtkosten die üblichen Grenzen nicht übersteigen. Stromkosten sind lokal unterschiedlich, diese haben sich aber deutlich verteuert (über die Hälfte der Kosten gehen aber an den Staat) und werden nicht angemessen im Regelsatz abgebildet. Letztlich sollten diese wie Miete und Heizkosten nach Bedarf übernommen werden. Natürlich muss die politische Forderung lauten: Strom ist wie andere Energiekosten in der Existenzsicherung komplett zu übernehmen.
Bekleidung- Kleidung für behinderte Menschen ist teurer. Es kann auch nicht nach Schnäppchen geschaut werden. Bekleidung, die soziale und ökologische Standards berücksichtigt, langlebig ist, ist teurer. Warum sollen arme Personen nicht nach Gewissen kaufen können?
Verkehr- in Berlin sind die Kosten für ein Sozialticket mittlerweile dem Regelbedarf angepasst. Im Gegensatz zu ländlichen Bereichen ist ein Auto allgemein nicht notwendig. Jedoch sollte dies berücksichtigt werden. Ein Rad gehört zur Mobilität dazu. Da kein Geld hierfür eingestellt ist, ist es schwierig, sich eines anzuschaffen und die Reparaturen zu finanzieren.
Andere Waren und Dienstleistungen, auch Mitgliedsbeitrag Mieterverein- dieser wird in Berlin nur 2 Jahre übernommen, zumindest sollte es so sein. Inwieweit Kosten für Miete noch überhaupt die Mieten decken können und prekäre Personen sukzessive aus ehemals gemischten oder teilweise früher sogar armen Gebieten verdrängt werden, ist auch eine wichtige Frage.
Gesundheitspflege- aufgrund einer systemischen und seltenen Erkrankung ist die Gesundheitspflege weit über dem Regelsatz. Der deutsche Ethikrat hat die wirtschaftliche Vulnerabilität dieser Personen 2018 beschrieben. Auch ältere Personen dürften steigenden Ausgaben hier haben. Wie oben beschrieben, werden die Kosten für Gesundheitspflege nicht adäquat wiedergegeben. Natürlich lautet die politische Forderung, Gesundheitskosten sind von den Krankenkassen im Existenzsicherungsrecht ganz zu übernehmen. Danach kann eine prozentuale Regelung in Abhängigkeit vom Einkommen erfolgen.
Innenausstattung- aufgrund der Erkrankung liegt ein Bedarf an elektrischen Küchenhilfen vor. Zudem gilt, wer sich gesund ernährt, braucht auch eine Küchenausstattung, die mehr umfasst als Kochtöpfe und Geschirr.
Beherbergung, Gaststätten- natürlich ist mit den derzeit veranschlagten Summen hier nichts zu machen. Teilhabe ist so nicht möglich. Zur Gesunderhaltung gehören schon Erholung und auch Urlaub.
Kredite für Weissware, Sehhilfen- wegen verschiedenen Augenerkrankungen sind die Sehhilfen sehr teuer und müssen teilweise auch jährlich ersetzt werden, die Krankenkassen übernehmen ca. 30 Prozent der Finanzierung. Die Restkosten wurden vom Jobcenter abgelehnt. Es gab auch keinen Kredit für eine neue Waschmaschine bewilligt (die Pandemiebekämpfung der Bundesregierung kann also nicht ernst gemeint sein). Es ist geradezu absurd, Beträge um ein bis zwei Euro mtl. pro Mittel zur Ansparung einzustellen und dann auf Kredite abzustellen, die aber gar nicht bewilligt werden. Wer bereits hohe Belastungen hat, bekommt gar keinen Kredit, weil dieser nicht zurückgezahlt werden kann. Eine Möglichkeit, die wie viele Mehrbedarfe bloss in der Theorie besteht. Überdies gehören diese Sachen zum menschenwürdigen Existenzminimum, daher sind sie entweder in korrekter Höhe zu pauschalieren oder als Zuschuss zu zahlen.
Seit diesen Anträgen auf korrekte Berechnung des Regelsatz bereits zweimal ad hoc, das monatliche Alg 2 nicht ausgezahlt. Erst nach einer Woche kam dann, nach Beschwerde und Eilantrag beim SG, das Geld. Wer beim Jobcenter auf seine Rechte besteht, läuft in Gefahr schikaniert zu werden. Dies verursachte extremen Existenzstress, kein Geld für Essen, Medikamente, Stress mit Zahlungsverpflichtungen, Angst vor Wohnungsverlust und Obdachlosigkeit- da schon bei über einer Monatsmiete Rückstand regulär gekündigt werden kann.
Hartz IV ist ein Angriff auf die Grundrechte und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die ohnehin schon knappe Regelleistung wird nicht korrekt berechnet, Mehrbedarfe nicht bewilligt. Beides müssen in einem jahrelangen Prozessen erstritten werden. Wobei die Sozialgerichte tendenziell dem Jobcenter zugeneigt sind.
Wer soll die Kosten für eine richtige Existenzsicherung tragen?
Stichworte: Gerechtes und zeitgemäßes Steuersystem, Sozialmodelle bei ökologischen und sozialen Umlagen, wie hier zuletzt eingeführt CO2 Steuer:
Finanztransaktionssteuer nach attac, Digitalsteuer, Vermögenssteuer, Steuern auf hohe Einkommen, auch aus Nichtarbeit, Maschinensteuer, Bekämpfung der Steuervermeidung, weniger Steuern für soziale, ökologische Unternehmen und auch für Kleinunternehmer, Soloselbstständige, Gewerbetreibende in schwierigen Umfeldern, etc., Sozialmodelle bei Energie, Einbeziehung der ökologischen und sozialen Kosten und progressive Preismodelle bei Mehrverbräuchen und steigenden Einkommen.
Bei Interesse an Aufnahme Emailverteiler bitte eine mail an umfairteilung@gmx.de senden.
[…] Menschen mit Behinderung, die einfach nur ihren Alltag, der aufgrund ihrer Einschränkungen mühsamer und teurer sein kann, bewältigen möchten und ihre äußerst knapp bemessene Grundsicherung, die ihnen gesetzlich zusteht, in Anspruch nehmen möchten, sind davon ebenso betroffen. Nicht jeder von ihnen hat die Courage und die Fähigkeiten gegen ein erzwungenes Leben im Mangel zu klagen, wie hier zu lesen. […]